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Michael Elte

Warum niemand an der Maske die Armut erkennen darf!

Hilfe zur Selbsthilfe: Grundsicherungsempfängerinnen steht Maskengeld zu.

Seit dem 23.01.2021 sind gemäß § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 3 und § 15 Abs. 1 der fünften SARS-CoV-2 Eindämmungsverordnung in Geschäften sowie im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) medizinische Masken zu tragen.

 

Medizinischen Masken sind entweder OP-Masken oder FFP2-Masken. Sowohl bei den FFP2-Masken als auch bei den OP-Masken handelt es sich um Wegwerfprodukte, die also anders als Stoffmasken nicht mehrfach genutzt werden können, da diese Masken nicht gewaschen oder abgekocht werden können. Allein durch diesen Umstand entstehen allen Bürgern unseres Landes erhebliche Mehraufwendungen. Dies führt für Menschen mit geringen Einkommen zu erheblichen Problemen, weil für diese Mehraufwendungen keine Geldmittel vorhanden sind.

 

Es kann auch zu fatalen Fehlentscheidungen führen, denn natürlich ist die Schutzwirkung einer OP-Maske eine andere als die Schutzwirkung einer FFP2-Maske. OP-Masken schützen vor allem andere Menschen in der nahen Umgebung vor Tröpfchen, welche vom Träger der Maske beispielweise beim Sprechen, Husten oder Nießen abgegeben werden. Sie schützen jedoch nur in sehr geringem Maße vor Aerosole. Der Eigenschutz für den Träger ist daher eher gering. Natürlich sind diese Masken mit einem durchschnittlichen Stückpreis von 39,5 Cent bei Aldi wesentlich günstiger als die dort angebotene FFP2-Maske zum Stückpreis von 99 Cent.

 

Angesichts der wesentlich höheren Ansteckungsgefahr durch Virus-Mutationen der Coronaviren sollte jedem Bürger auch der Eigenschutz wichtig sein. Dazu sind mindestens FFP2-Masken erforderlich. Dabei müssen diese Masken eine CE Kennzeichnung einschließlich einer vierstelligen Zahl für eine der 41 zugelassenen Prüfstelle aufweisen. Andere FFP2-Masken dürfen nicht verkauft werden. Insbesondere dürfen diese Masken nicht mit einem Ausatemventil versehen sein, weil damit zwar der Träger selbst geschützt wäre, nicht jedoch die in seiner Umgebung befindlichen Menschen.

 

Da ich als Betroffener von Hartz IV weder Geldmittel für OP-Masken, die Belastung wäre hier 11,85 € für 30 Masken, noch für FFP2-Masken, die Belastung wäre hier im günstigsten Fall 29,70 € für 30 Masken, habe, entschloss ich mich beim für mich zuständigen Jobcenter einen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung von FFP2-Masken zu stellen.

 

Dazu hatte ich, nachdem der Beschluss der MP-Konferenz gefasst wurde, zunächst 10 FFP2-Masken zum Preis von 29,90 € bestellt, und nach Erhalt der Masken am 23.01.2021 die Rechnung am 24.01.2021 beim Jobcenter eingereicht.

 

Konkret habe ich für Januar 2021 einen Zuschuss von 23,92 € beantragt und ab Februar einen monatlichen Zuschuss von 89,90 € beantragt. Ich halte dies auch so für gerechtfertigt, weil es im Januar 2021 noch nicht die oben angegebenen Sonderangebote bei Aldi gab und diese Angebote auch nur von sehr befristeter Dauer sein werden.

 

Auf diesen Antrag hin wurden mir 8 FFP2-Masken bewilligt, mit dem Hinweis, dass 8 FFP2-Masken bewilligt, wie das Jobcenter Oberhavel der Auffassung ist, dass diese Masken unter gewissen Voraussetzungen mehrfach verwendbar seien.

Fazit. Es lohnt sich schon einmal solche Anträge zu stellen. Natürlich kann ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein, weil mir die Mehraufwendungen monatlich entstehen und ich gerade Mal für eine Woche FFP2-Masken erstattet bekommen habe.

 

Die Behauptung, dass FFP2-Masken wieder verwendbar seien, ist grundsätzlich falsch. Auf der Internetseite meines Händlers von FFP2-Masken heißt es dazu:

 

„Die Wiederverwendung von FFP-Masken bzw. von MNS erfordert eine sichere Handhabung. Bei Nichteinhaltung steigt das Infektionsrisiko für Beschäftigte. Bitte beachten Sie, dass die folgend beschriebenen Maßnahmen zur Wiederverwendung daher nur auf ausgerufene Notfallsituationen anzuwenden sind, wenn FFP-Masken und/oder MNS nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen.“

 

Da OP-Masken nur einen geringen Eigenschutz bieten, darf auch kein Verweis auf kostengünstigere OP-Masken erfolgen. Hierzu sollte die Entscheidung des SG Karlsruhe Aktenzeichen S 12 AS 213/21 ER von Bedeutung sein. Auszugsweise heißt es hierzu, dass ein Verweis auf nichtmedizinische Masken (Alltagsamsken) nicht zulässig sei, da die EindämmungsVO etwas anderes vorschreibt.

 

„Auch ein uneingeschränkter Verweis auf OP-Masken der DIN EN 14683:2019-10 würde gegen Recht und Gesetz verstoßen. Arbeitssuchende würden hierdurch in ihrem verfassungskräftigen Gleichheitsgrundrecht auf gleiche Teilhabe aus Artikel 3 i. V. m. Artikel 20 Abs. 1 und 3 GG verletzt“ (Vgl. ebenda)

 

Weiter heißt es:

 

„Auf Alltagsmasken oder OP-Masken müssten sie sich nicht verweisen lassen. Diese seien für den Infektionsschutz vor SARS-Cov-2-haltigen Aerosolen in der Straßenbahn, im Supermarkt, im Treppenhaus, im Wartezimmer, in der Leichenhalle, etc. – auch angesichts der Virusvarianten – nicht gut genug geeignet. Wer bei der Verrichtung alltäglicher Erledigungen trotzdem lediglich eine OP-Maske gebrauche und einen Mitmenschen mit dem lebensgefährlichen Virus anstecke, schädige eine andere Person an der Gesundheit und verstoße gegen das gesetzliche Verbot gefährlicher Körperverletzungen. Dieses verbotswidrige Verhalten sei auch nicht allein deswegen außerhalb von Krankenhäusern oder Pflegeheimen erlaubt, weil die CoronaVO FFP2-Masken lediglich dort vorschreibe und andernorts OP-Masken genügen lasse.


Die Anerkennung individueller Mehrbedarfe an FFP2-Masken diene nicht nur der Befriedigung privater Bedürfnisse. Sie bezwecke den Infektionsschutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Verbreitung des Virus. Zur effektiven Abwehr dieser gesteigerten Ansteckungsgefahr müsse die Mehrbedarfsgewährung wöchentlich 20 FFP2-Masken umfassen. Dem Infektionsschutz werde ein Bärendienst erwiesen, falls nicht mindestens täglich eine neue Maske sowie durchschnittlich ca. zwei weitere neue Ersatz-FFP2-Masken bereitgestellt würden. Es sei davon auszugehen, dass wenige Personen bereit und fähig seien, fortlaufend zuverlässig die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Diese seien zum Einmalgebrauch für geschultes Medizinpersonal konstruiert. Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden ggfs. über mehrere Tage und Wochen hinweg für den Infektionsschutz ungeeignete oder sogar virushaltige Masken getragen. Diese erweckten nur den falschen Anschein des Infektionsschut-zes. Der massenhaft irreführende Anschein der Verwendung pandemie-adäquater FFP2-Masken wäre aber dem Infektionsschutz nicht zu-, sondern abträglich.“ (Vgl. Pressemitteilung des SG Karlsruhe vom 12.02.2021)

 

Falls also Jobcenter oder Grundsicherungsämter Anträge ablehnen, haben wir mit dieser Entscheidung eine aus meiner Sicht hieb- und stichfeste Widerspruchsbegründung an die Hand geliefert bekommen. Mehr noch ich prüfe gerade in eigener Sache ein Einstweiliges Rechtsschutzverfahren anhängig zu machen, denn es gibt leider keinen automatischen Anspruch, aus dem sich jetzt fortan ergeben würde, dass jeder 129,00 € erhält, und es mir nicht zuzumuten ist, auf den Ausgang des Widerspruchsverfahrens zu warten.

 

Ich empfehle daher folgendes:

 

  1. Grundsicherungsbezieher und Geflüchtete sollten bei den Jobcenter oder Grundsicherungsämtern schnellstmöglich einen monatlichen Zuschuss zur Anschaffung von FFP2-Masken beantragen.

 

Anspruchsgrundlagen sind folgende:

 

  1. für Hartz IV Betroffene:                                            § 21 Abs. 6 SGB II
  2. für Grundsicherungsbezieher nach dem SGB XII:     § 27 a Abs. 4 SGB XII
  3. für Geflüchtete:                                                        § 6 Abs. 1 AsylbLG.
  1. Falls eine Ablehnung kommt unbedingt Widerspruch einlegen. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Also nicht lange begründen.
  1. Gegebenenfalls wäre ein Einstweiliges Rechtsschutzverfahren zu prüfen.

 

Im Interesse des Infektionsschutzes darf Armut nicht an der Maske zu erkennen sein.

 

 

Michael Elte

Diplomjurist

(ehemaliger Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Sozialrecht)


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